2008
Kanon für einen Trotzigen
 
 
 
 
3 digitale Bilderrahmen, 63 Texte, versetzt erscheinend
 
 

wie immer supermies gelaunt

 
verwöhnt, verhätschelt, von Mutti bejubelt
 
ein typisches Einzelkind
 
ohne den winzigsten Funken Selbstironie
 
es gibt ein Ende der Schonzeit
 
dir scheint nicht ganz klar zu sein, wo du momentan stehst
 
mit einem Krönchen geboren
 
wie arm
 
was für eine Katastrophe, diese furchtbare Erkenntnis,
ein ganz normaler Mensch zu sein
 
am besten draußen vor die Wand,
und dann mit dem Schlauch draufhalten
 
du stehst so knapp davor
 
ein pralles buntes Luftballon-Ich
 
empfindlich wie ein rohes Ei
 
normal in unserer vaterlosen Zeit
 
unsere Diva
 
vielleicht hätten ein paar kräftige Ohrfeigen
 
zuerst mal seh ich nackte Faulheit
 
dumm bist du ja nicht
 
aber im Grunde ist da gar nichts
 
gepaart mit eiskalter Arroganz
 
Pubertät als Grundhaltung
 
mit Verpissen als Standardlösung
 
und mit dem glorreichen Talent gesegnet,
in kürzester Zeit jede Atmosphäre zu verpesten
 
das Brett vor dem Kopf als geistiger Horizont
 
jede Mühe wird bespuckt
 
ist natürlich zuviel verlangt
 
wenn du das schon für Kritik hälst
 
anderen gegenüber stets schonungslos
 
schon die Art, wie du gehst
 
es ist so lächerlich
 
zerfließend vor Selbstmitleid
 
gibt gern den dunklen Rächer
 
wie alt bist du eigentlich
 
in deinem Alter müsstest du längst weiter sein
 
außer Grinsen Fehlanzeige
 
das Leben als einzige Zumutung
 
will denn gar keiner mit dir spielen
 
sind die anderen so gemein gewesen
 
muss Mama dich abholen
 
kommt dein großer Bruder gleich
 
soll uns alle das große böse Krokodil fressen
 
isser so beleidigt
 
jetzt sind wir alle gespannt auf deinen Abgang
 
erwachsen ist was anderes
 
und wieder eine schöne dicke fette Extrawurst
 
vielleicht verschluckt dich ja der Boden aus Mitleid
 
den Bogen eindeutig überspannt
 
schade
 
wo du gerade von Geduld sprichst
 
ich warte immer noch auf die Pointe
 
so sieht reiner Selbsthass aus
 
deine dreiste Genie-Attitüde,
garniert mit pseudo-radikalen Phrasen
 
wenn alle anderen nur nicht so dämlich wären
 
muss man sich auch leisten können
 
wie ein schmerzhaft eingeklemmter Furz
 
gefangen in permanenter Selbstanbetung
 
schon aus Prinzip gegen die Fahrtrichtung
 
warum ist dir so peinlich, dass du uns magst
 
dieser tiefe Wunsch, dazu zu gehören, einfach mitzumachen
 
es könnte alles ganz einfach sein
 
am Ende fehlt nur ein einziges Wort
 
wie eine Schlange ihre lästige Haut einfach abstreifen kann
 
frag besser nicht mehr